Linie 8
Linie 1

Entlang der Strecke – Folge 5

Publiziert am: 22. Mai 2023
Eine Illustration zeigt ein älteres Paar. Die Frau telefoniert, der Mann schreibt Notizen nieder.

Willakedamm

Das Telefon klingelt. Natürlich erkenne ich schon am Klingeln, wer dran ist: meine Eltern. Und ich weiß auch schon, wie der erste Satz lauten wird: „Hallo Tochter. Du weißt ja, dass sich deine Mutter wahnsinnig darauf freut, mit der Linie 1 direkt in die Innenstadt fahren zu können. Damit sie nicht ungeduldig wird, fahren wir bis dahin den Streckenverlauf mit dem Rad ab.” Meine Mutter ruft aus dem Hintergrund: „Heute sind wir auch wieder ein Stück gefahren.“ Mein Vater seufzt: „…aber so richtig weit sind wir nicht gekommen. Du kennst ja deine Mutter: Sie trifft immer jemanden, mit dem sie reden kann. Diesmal …

… waren wir mit den Rädern auf dem Weg zum Roland-Center. Schließlich fährt da die Linie 1 künftig hin. Aber das weißt du ja. (Stille). Was wollte ich erzählen? Ach ja, wir sind über den Willakedamm gefahren. Schließlich wissen wir von der Website, was da gerade so passiert. Und weil es so viel zu sehen gibt, sind wir abgestiegen und haben die Räder geschoben. Irgendwie müssen wir eine komische Zeit erwischt haben, denn da an dem Neubaugebiet…“. „Helene-Knorr-Straße meint er.“, ruf meine Mutter aus dem Hintergrund. „Also an dem Neubaugebiet war sehr viel Verkehr. Unglaublich, wie viele Autos da kreuz und quer gefahren sind. Mit uns an der Straße ist dann eine junge Frau mit Kinderwagen stehen geblieben und hat genauso interessiert die vielen Autos angeschaut. Und dann kam, was kommen musste. Ich gebe dir mal deine Mutter.“ „Warum,“ beginnt sie dann auch sofort, „sollte ich auf ein nettes Gespräch verzichten? Die junge Frau sah sehr nett aus und das Kind war süß.“ Ich bin gespannt, wie sie den Dreh zu ihrem Lieblingsthema hinbekommt und gebe ein zustimmendes Murmeln von mir. „Ich habe sie gefragt, ob sie sich schon darauf freut, wenn der Willakedamm umgebaut ist und die Straßenbahn hier fährt. Da hat sie mir erzählt, dass sie gerade erst aus Aachen hergezogen ist, weil ihre Lebensgefährtin einen neuen Job angenommen hat und sie nach der Elternzeit an der Grundschule Kirchhuchting arbeiten wird. …Na gut, das hat sie auf Nachfrage erzählt. Jedenfalls wusste sie gar nichts über die Straßenbahn in ihrer Straße.“ „Du kannst dir vorstellen,“, höre ich meinen Vater rufen, „dass es nach dieser Information kein Halten mehr bei deiner Mutter gab.“ „Ach was,“, entgegnet meine Mutter, „sie war interessiert. Und da habe ich eben erzählt, dass bald die Straßenbahn vor ihrer Haustür hält und wie bequem sie dann mit dem Kinderwagen ins Roland-Center kommt.“ „Hm,“, brummt mein Vater ungeduldig und meine Mutter kürzt die Erzählung merklich ab.

„Jedenfalls hat sie gesagt, dass sie sich auf die Straßenbahn freut, weil sie kein Auto haben und sie nicht gerne Bus fährt. Und sie hat sich dafür bedankt, dass ich davon erzählt habe und für das nette Gespräch. So genug. Jetzt müssen wir los.

„Wir rufen wieder an. Mach’s gut.“