Nächster Halt Bahnübergang
Das Telefon klingelt. Natürlich erkenne ich schon am Klingeln, wer dran ist: meine Eltern. Und ich weiß auch schon, wie der erste Satz lauten wird: „Hallo Tochter. Du weißt ja, dass sich deine Mutter wahnsinnig darauf freut, mit der Linie 1 direkt in die Innenstadt fahren zu können. Damit sie nicht ungeduldig wird, fahren wir bis dahin den Streckenverlauf mit dem Rad ab.” Meine Mutter ruft aus dem Hintergrund: „Heute sind wir auch wieder ein Stück gefahren.“ Mein Vater seufzt: „…aber so richtig weit sind wir nicht gekommen. Du kennst ja deine Mutter: Sie trifft immer jemanden, mit dem sie reden kann. Diesmal …
… wollten wir uns anschauen, wo und wie die Linie zukünftig vom Neuen Damm auf die Heinrich-Plett-Allee einbiegen wird. Da gibt es ja zwei Herausforderungen: die Kurve und der Anstieg hoch auf die Straße. Von eurer Website weiß ich, dass so eine Straßenbahn nur einen bestimmten Steigungswinkel schafft und … warte … ich habe den Faden verloren. Ich gebe dir mal deine Mutter.“ Geraschel im Hörer und dann ist meine Mutter dran: „Wir hatten auch eine Herausforderung, nämlich da überhaupt hinzukommen. Von der Delfter Straße sind wir rechts in Auf den Kahlen abgebogen, nur um dann festzustellen, dass der Bahnübergang gesperrt ist. Da standen wir dann und haben überlegt, warum der Bahnübergang gesperrt ist.“ „Weil die Linie 1 ausgebaut wird.“, höre ich meinen Vater aus dem Hintergrund mit einer Spur Ironie in der Stimme. Ein kurzes Schnauben meiner Mutter und dann erzählt sie weiter. „Wir haben dann überlegt, wie wir stattdessen fahren. Dein Vater und ich waren da unterschiedlicher Meinung – das dürfte dich nicht überraschen. Na, jedenfalls mischten sich zwei junge Männer, die ebenfalls am Bahnübergang „gestrandet“ waren, in unser Gespräch ein und stellten die tolle Frage: ‚Warum ist hier gesperrt?‘„Die wussten wirklich nicht, dass bald die Straßenbahn durch Huchting fährt! Wir haben uns dann angeregt darüber unterhalten, seit wann das schon geplant ist, dass jetzt an den Gleisen gebaut wird und wie lange es noch dauert, bis die Bahn fährt. Das war ein richtig nettes Gespräch mit den beiden jungen Männern. Und glaub mal nicht, dass dein Vater nicht eifrig erzählt hat! Die haben jedenfalls keinen Führerschein und freuen sich drauf, dass sie in Zukunft bei schlechtem Wetter nur in die Bahn steigen müssen, um trocken anzukommen. So, jetzt muss ich Schluss machen, wir wollen Mittagessen.
„Wir rufen wieder an. Mach’s gut.“