Vom Überliegen, Einhüllen und Begleiten –
unser Glossar zum Straßenbahnbau

Was ist eigentlich eine Hüllkurve? Und was bitte bedeutet Überliegeposition? Nun, auch der Straßenbahnbau ist eine Wissenschaft für sich – und wie in jedem Fachgebiet, sprechen die beteiligten Fachmenschen ihre ganz eigene Sprache. 

Damit Ihnen trotzdem niemand ein »X« für ein »U« vormachen kann, Sie auf Augenhöhe mitreden und sich exakt ausdrücken können, wenn es auf die Details ankommt, tragen wir Ihnen die wichtigsten Begriffe aus der Welt des Straßenbahnbaus, der Verkehrsplanung und dem angrenzenden Drumherum zusammen. Zugegeben, manches klingt so kurios, da mussten wir uns erst mal »eindenken«. 

Fahrgastunterstand

Wenn alle näher rücken, hat das gleich mehrere Vorteile: Man ist beispielsweise nicht so allein. Statt, dass am Bahnsteig verteilt jede:r für sich herumsteht, wartet man gemeinsam. Steht man dicht beisammen, friert man außerdem nicht so schnell – was zugegeben lediglich an kalten Tagen ein Vorteil ist. Vor allem aber sieht es nach mehr aus, wenn alle zusammenstehen. Ein Fahrgastunterstand ist somit eine Art kaschierendes Bauwerk für niedrigfrequentierte Haltepunkte. Fahrgastüberstände sind hingegen wahrscheinlich weniger hilfreich.

Haltepunkte bieten neben den Informationen zum Fahrplan häufig eine bauliche Möglichkeit, sich als Wartende:r vor Regen oder Schnee zu schützen. Je nach Frequentierung der Haltestelle fallen diese Unterstände kleiner oder größer aus. 

Definition: bauliche Anlagen an Verkehrsflächen oder Schienenwegen, die Wartenden die Möglichkeit des Wetterschutzes bieten (Regen, Schnee etc.).

Gehölzreduzierung

Welche Perspektiven eröffnen sich, wenn der Weg frei ist? Hat man sich erst einmal durchs Unterholz geschlagen, gewinnt man beim Heraustreten aufs freie Feld einen guten Überblick. Sind die zu betrachtenden Dinge reduziert, wird die Übersichtlichkeit größer, der Raumbedarf kleiner – und die Konzentration auf das Wesentliche entsteht von ganz allein. Zugegeben, nicht immer ist weniger mehr. 

Die Pflanzen auf den an Verkehrswege angrenzenden Flächen werden regelmäßig gepflegt. Dazu gehört ggf. auch die Reduzierung des Gehölzes, also das Beschneiden von Sträuchern oder Bäumen. Ist bei einer Neuplanung oder Sanierung von Verkehrswegen die Nutzung von begrünten Bereichen erforderlich, wird eventuell die vollständige Beseitigung vorhandener Sträucher oder Bäume notwendig. Solche Rodungen oder Fällungen werden zuvor sorgfältig geprüft. 

Definition: auch Nutzholzgewinnung, Habitatoptimierung oder Biotopflege; Fällen von Bäumen und Roden kleinerer Gehölze bzw. Sträucher.

Grüngleis

Sobald wir als Kind aktiv am Straßenverkehr teilnehmen, lernen wir die wichtigsten Farben: Rot heißt »Stehen«, Grün bedeutet »Gehen«. Diese Regel trägt uns durch das gesamte mobile Leben, denn sie gilt für unsere Fortbewegung auf zwei, drei oder vier Rädern ebenso wie das Überbrücken von Distanzen per pedes. 

Weil das Ganze so fest verankert und unumstößlich ist, macht es das Leben für alle und allerorten ein ganzes Stückchen unkomplizierter. Zum Beispiel auch für Straßenbahnen. Die meisten fahren über tristes Grau, die Schienen zwischen dem Asphalt kaum auszumachen. Manchmal aber strahlt das Gleis in leuchtend fröhlichem Grün und ist in diesem Farbkleid nahezu unübersehbar. So, als wollte es sagen: »Jawoll! Bahn frei! Das ist dein Platz. Hier darfst du flott und froh durch den Verkehr gleiten.« Für uns Mitfahrende fühlt sich die Reise gleich viel schneller und, ja, irgendwie auch besser, weil nachhaltiger an. Das Grün zwischen den Schienen bringt also nicht nur Fahrvorteile, optischen Genuss und einen Mikrolebensraum zwischen Asphaltflächen, es macht auch noch ein kleines bisschen glücklich. So einfach ist das manchmal.

Definition: Grün- oder Rasengleis; mit Rasen oder anderer Vegetation gefüllter Schienenzwischenraum.

Haltestelle / Haltepunkt

Der Unterschied zwischen Punkt und Stelle? Glas klar: Ein Punkt ist klein und fein und nimmt nicht viel Raum ein. Auf eine Stelle hingegen passt schon ein bisschen mehr drauf. An Ort und Stelle, da geht was. Wobei, auf den Punkt gebracht spart die Sache manchmal wertvolle Zeit. Also, was jetzt: Halten wir auf dem Punkt oder stehen wir auf der Stelle? Das kommt tatsächlich auf den Aufenthaltsort an: Österreich und Schweiz mag es eher großzügig und wartet an der Haltestelle. In Deutschland mag man es kurz und knackig und wartet. Punkt. 

Haltestellen an Bus- oder Straßenbahn bzw. Haltepunkte an (Eisen)Bahnstrecken ermöglichen den Ein- und Ausstieg. Manche Haltestellen erkennt man lediglich an einer entsprechenden Hinweistafel am Straßenrand, größere bieten neben Informationen zum Fahrplan einen Fahrgastunterstand, an anderen Stellen wird die Einstiegshöhe durch einen entsprechenden Bussteig ausgeglichen.

Definition: Haltepunkt (dt.) Haltestelle (Österr./Schweiz) Bahnanlage ohne Weichen auf freier Strecke, die das Ein- bzw. Aussteigen in eine Bahn ermöglicht.

Hüll- und Schleppkurve

Was braucht es, um die Kurve zu kriegen? Mit Schwung und fröhlichem Elan, ganz ohne Geschleppe, und Gestöhne? Sicherlich hilft da jeder und jedem etwas anderes, aber ausreichend Raum ist in jedem Fall von Vorteil. Wenn wir uns bestmöglich entfalten können, fällt das Spurhalten leicht, dem Vorwärtskommen steht im Grunde nichts im Wege und wir gleiten wohlig eingehüllt durch die Kurve.

Während die Straßenbahn mit ihren Wagen den notwendigen Raum zum Abbiegen umhüllt (Hüllkurve), schleppen Busse oder Lkws ihre Ladung in der Kurve hinter sich her (Schleppkurve). Beide Vorgänge bedürfen einer Freifläche, die von den Fahrzeugen »überstrichen« werden kann. Da Busse wie Bahnen eine gewisse Länge aufweisen und ihre Bauweise nur wenig Flexibilität in der Veränderung ihrer Form zulassen, nimmt das Abbiegen mehr Platz in Anspruch als bei einem Auto oder Fahrrad. 

Definition: Hüll- oder auch Schleppkurve; der von einem (abbiegenden) Fahrzeug genutzte Freibereich; Fläche, die von einem Fahrzeug überstrichen wird.

Pocket Park

Die kleinen feinen Dinge sind es, die manchmal am wertvollsten sind. Glücksbringer, zum Beispiel, haben im Bestfall Hosentaschengröße, damit wir sie stets bei uns tragen können. Wenn es dann eine Prise Glück braucht, lässt sich der Talisman unauffällig zwischen den Fingern reiben und schon fühlen wir uns ein klein wenig besser. 

Sinnigerweise passen sich Glücksquellen dem erforderlichen Volumen der Glücksempfänger:innen an. Eine Fußballmannschaft beispielsweise greift schon mal auf einen Ziegenbock zurück; auf den können, wenn notwendig, mehrere gleichzeitig die Hand auflegen. Eine Gemeinde wiederum ist eine relativ große Gruppe von Nutzer:innen. Jetzt könnte man natürlich an alle Gemeindemitglieder etwas Kleines für die Westentasche verteilen, aber dann wäre jede:r für sich - und das ist ja nun schon grundsätzlich nicht die Idee einer Gemeinde. Um sich also kollektiv ein Stück vom Glück zu gönnen, braucht es einen Ort. Wie etwa einen Park. Eine grüne Oase, mitten im städtischen Gewusel, abseits von Konsum, Lärm und Alltag. Ein kleiner versteckter Raum, an dem das Glück wohnt, wo man sich zu ihm gesellen und ausruhen kann. Die Augen geschlossen, tief durchatmend und die Hände in den Hosentaschen.

Definition: Taschen- oder auch Westentaschen-Park (vest-pocket park); zuvor brach liegende Fläche, die gärtnerisch zum Freiraum im städtischen Kontext gestaltet und öffentlich nutzbar gemacht wird.

Straßenbäume

Machen wir einen kleinen Abstecher in den Biologieunterricht, 4. Klasse etwa: Thema »Baumarten«. Mit Blick in Wald und Flur lernen wir die grundlegenden zwei Gruppen kennen: Laubbäume und Nadelbäume. Während die einen ihre Blätter im Herbst verlieren, behalten die meisten heimischen Nadelbäume ihr Grün über das ganze Jahr hinweg – mit Ausnahme? Richtig: der Lärche, haben wir uns, na klar, alle gemerkt. Laub und Nadel also. Welche Gruppe im Schulunterricht keine Berücksichtigung findet, obwohl sie zumindest im städtischen Umfeld gar nicht so selten vorkommt, ist jene der Straßenbäume. Diese Spezies zeichnet sich durch vielerlei besondere Merkmale aus. Sie sind oft randständig, überwiegend schlank und platzsparend, selten groß gewachsen, brauchen den Abstand zu ihren Artgenossen oder sind ganz und gar Einzelgänger:innen. Ihr Grün, je nach Umfeld mehr oder weniger ins Grau spielend, werfen die meisten von ihnen zum Herbst hin ab. Aufgrund ihres besonderen Lebensraumes erfahren sie besondere Aufmerksamkeit und Pflege.

Definition: Straßenbaum; steht an innerstädtischen oder außerörtlichen Straßen, zumeist Laubbaum gleicher Art, gepflanzt in regelmäßigen Abständen ein- oder beidseitig der Straße.

Straßenbegleitgrün

Welches Interesse hat das Grün, die Straße zu begleiten? Nun, wahrscheinlich treibt es das Gleiche wie uns alle, wenn wir in Betrachtungen versunken am Straßenwand stehen: die Neugier. Vielleicht guckt es aus technischem Interesse, möchte herausfinden, welche Bedeutung das Thema Mobilität in seinem Leben spielen könnte. Oder überlegt sehnsuchtsvoll, wie es selbst bestmöglich mobil werden könnte. Zum Beispiel mit der Straßenbahn. 

Neben den mehr als 1.400 Straßenkilometern in der Stadt Bremen wachsen vielerorts Wiesen, Sträucher und Bäume. Dieses sogenannten »Straßenbegleitgrün« ist nicht nur Heimat von Insekten und Tieren, es sorgt darüber hinaus für bessere Luft – und trägt somit zur Lebensqualität bei. Um jederzeit die Verkehrssicherheit gewährleisten zu können, werden diese Grünbereiche sorgfältig gepflegt. Bäume und Sträucher werden gestutzt und Rasenflächen gemäht, damit Ampeln gut zu sehen sind, Rad- und Fußwege frei zugänglich bleiben und nichts in den Straßenraum hineinwächst.

Definition: auch Verkehrsbegleitgrün; Sammelbegriff für alle zu einem Verkehrsweg gehörenden Grünflächen sowie Gehölzpflanzungen.

Trogbauwerk

Während uns manche Werke die Möglichkeit des Übergangs eröffnen, tragen uns andere gar nirgendwohin. Was natürlich nicht bedeutet, dass Nutzer:innen falsche Tatsachen vorgespiegelt und sie willentlich betrogen werden. Vielmehr eröffnen manche baulichen Anlagen neue Perspektiven und andere Wege. Nehmen wir zur Verdeutlichung ein kleines Volumen: Ein Trog etwa bietet gegenüber einem Bach etliche Vorteile. Er ist örtlich ungebunden, lässt sich bei Bedarf jederzeit sowie mit diversem Inhalt füllen und ist in seiner Größe variabel. Dieses scheinbar völlig abwegige Beispiel bringt uns ohne Umwege zu deckungsgleichen Anforderungen für Verkehrswege: Manchmal ist druntendurch besser als obendrüber, mal brauchen individuell Reisende ein Durchkommen, mal der Schienenverkehr. Ergänzend zum Überführungsbauwerk ist das Trogbauwerk somit eine gebaute Alternative mit Tiefgang zur Eröffnung neuer Perspektiven. 

Definition: Ingenieurbauwerk im Verkehrswegebau; mit seitlichen Stützwänden und geschlossener Sohle, meist als Rampe für Verkehrsweg errichtet (z.B. Tunneleinfahrt oder Unterführung)

Überliegeposition

Ist überliegen eigentlich etwas Gutes? Nun, das Zu-lange-auf-der-faulen-Haut-Herumliegen führt ja meist zu eher knurriger Gemütsverstimmung. Beim Überliegen hingegen wird schnell deutlich: Es braucht immer zwei zum Liegen. Liegt nämlich eine:r über, braucht es mindestens noch jemanden zum drunterliegen. So ist man nie allein – ob oben oder unten, rechts oder links, in voller Fahrt oder geduldig wartend. Und am Ende ist davon auszugehen, dass die eine wie der andere erwartungsvoll aktiv herumliegt – und irgendwann geht’s in jedem Fall weiter.

Um nicht auf der gesamten Fahrstrecke des Schienenverkehrs zwei parallelverlaufende Gleise bereithalten zu müssen, werden stattdessen an verschiedenen Stellen Ausweichmöglichkeiten geschaffen. Eingleisige Strecken erhalten also ein kurzes Parallelgleis, über welches ein Aneinandervorbeifahren möglich ist. Lässt eine Bahn eine zweite vorbei, hält sie also auf dem Parallelgleis, spricht man von einer »Überliegeposition«

Definition: eine auf einem Parallelgleis stehende Bahn überholende Straßenbahn.

Überführungsbauwerk

Klar überführt? Meint »erwischt« – oder hat hier einfach wer mächtig über die Strenge geschlagen und den Bogen ordentlich überspannt? Manche überführen ja quasi von Berufswegen und das machen sie richtig gut. Da traut man sich dann auf Wege, die man alleine womöglich nie eingeschlagen hätte. Und wer weiß, am Ende findet man noch einen Topf mit Gold. »Über sieben Brücken musst du gehen …«. Da wird das Überführen schnell zur Verführung.

Bei der Planung von Wegkreuzungen bieten sich meist zwei Möglichkeiten: Die Weiterführung der Strecke über ein Hindernis oder das Verlegen einer Strecke unter den zu querenden Bereich. Brücken leiten den Verkehr über etwas anderes hinweg, man spricht daher von einem »Überführungsbauwerk«.

Definition: auch Überwerfungs- oder Kreuzungsbauwerk; Brücke.

Vollbeschrankung

Sprechen wir es offen an: Manche sind komplett oder gar absolut beschrankt. Was nicht bedeutet, dass sie völlig unzugänglich sind. Nichtsdestotrotz herrscht an anderen Stellen mehr Raum. Da finden sich die halb- oder teilbeschrankten. Und wenn es richtig gut läuft, sind sie völlig unbeschrankt. Das allerdings erfordert eine erhöhte Aufmerksamkeit, denn man weiß nie, ob vielleicht was kommt. Das ist bei den beschrankten natürlich einfacher, da weiß man gleich, woran man ist. Sie sagen: Obacht! Jetzt kommt was. Zum Beispiel die Linie 1.

Insbesondere an Verkehrspunkten mit großem Verkehrsaufkommen oder an schwer einsehbaren Stellen werden den Straßenbereich kreuzende Bahngleise mithilfe einer Schrankenanlage gesichert. Sperren die Schranken auf beiden Seiten den vollständigen Bereich zu den Bahngleisen, spricht man von einer »Vollbeschrankung«.

Definition: Bahnübergang mit beidseitigen Schranken.